Eine Explosion hat sein Leben verändert
Helmut Leger, der heute 85 wird, hat den Behindertensport in Ludwigshafen und Rheinland-Pfalz maßgeblich geprägt
Die Gründungsversammlung der Behindertensportvereinigung (BSV) Ludwigshafen verpasste Helmut Leger im Jahr 1957 nur um wenige Stunden, aber am heutigen Tag ist er sicher ganz pünktlich: Gemeinsam mit Ehefrau Ursula und den beiden Kindern Andreas und Martina feiert der gebürtige Hemshöfer in Radolfzell am Bodensee seinen 85. Geburtstag in einem vom Behindertensport geprägten Leben.
Vor drei Jahren musste sich Helmut Leger eine neue Herzklappe einsetzen lassen. Sein behandelnder Arzt gab dem passionierten Wassersportler einen guten Ratschlag mit auf den Weg: „Schwimmen können Sie wieder, aber versuchen Sie bitte keine Weltrekorde.“ Diese Begebenheit beschreibt zugleich den Ehrgeiz, aber auch den unerschütterlichen Optimismus des Mannes, der den Behindertensport in Ludwigshafen seit fast 60 Jahren mitgeprägt hat.Am 28. Juli 1948 veränderte sich das Leben des damals 17-jährigen Ludwigshafeners dramatisch. Bei einer Explosion eines Kesselwagens im Stammwerk seines Arbeitgebers BASF, bei der 207 Menschen ihr Leben verloren, hatte Leger Glück im Unglück: Als einer von rund 3800 Verletzten kam er mit dem Leben davon, aber eine einstürzende Hallendecke zerquetschte sein Bein zwischen Knie und Knöchel „wie einen Pfannenkuchen“, erinnert er sich. Eine Amputation war die Folge.
Ein schwerer Schlag für das aufstrebende Fußball-Talent. Aber es war auch der Beginn seiner Laufbahn im Behindertensport und ein Ansporn für den weiteren Lebensweg. Denn aus der angestrebten Karriere als Starkstrommonteur wurde nichts. „Bis dahin war meine Schulleistung eher übersichtlich, außer in Sport, Mathematik und Physik“, erzählt er heute und kann darüber lachen. Nach dem Unfall und zurück aus der Reha wurde das anders. Auf dem zweiten Bildungsweg packte ihn der Ehrgeiz an einem Mannheimer Abendgymnasium. In Pension ging Leger 1993 als Elektro-Ingenieur. Und als mehrfacher Deutscher Meister.
Alleine 15 Titel errang der Ex-Fußballer im Wasserball, war auch als Schwimmer bei nationalen Titelkämpfen und im Sitzball aktiv. Bekanntschaft hatte er damit schon während seiner Rehabilitation in Heidelberg gemacht. „Ich habe mich umgeschaut und in Schlierbach eine Schwimmgruppe gefunden“, erzählt er. „Denn für mich war klar, dass ich gleich in den leistungsbezogenen Sport wollte.“
Deshalb schloss sich Leger nach seiner Rückkehr 1949 auch zunächst der Versehrtensportgruppe in Mannheim an. Mit einem Teil seiner Mannschaft wechselte er dann 1957 mit der Gründung der BSV unter dem Dach des TFC Ludwigshafen in seine Heimatstadt und startete hier sportlich, aber auch als Funktionär durch. 25 Jahre lang, bis 2011, war Leger BSV-Vorsitzender, und seine Karriere als Wasserballer beendete er erst mit 77 Jahren.
Leger war zwischen 1961 und 1965 maßgeblich am Bau des ersten Badeplatzes an der „Blauen Adria“ beteiligt und steuerte dann auch den Umzug ins neue Vereinsheim am Neuhofener Altrhein mit. Anfang der 90er Jahre bekam Leger das Amt des Landesspielwarts im Behindertensportverband Rheinland-Pfalz und organisierte damit alle Aktionen und Turniere im Mannschaftssport, war als Funktionär und Schiedsrichter bei nationalen und internationalen Titelkämpfen aktiv.
Und auch in Ludwigshafen war und ist er über den Verein hinaus präsent. Er wirkt im Beirat für Menschen mit Behinderung mit und baute noch während seiner aktiven Zeit bei der BASF eine Behindertensportgruppe auf. Nicht nur deshalb ist er von seinem ehemaligen Arbeitgeber etwas enttäuscht. Und das nicht alleine wegen der fehlenden Einladung zur Jubiläumsfeier: „Ich war der BASF nicht einmal 1,50 Euro Portokosten wert, mit der sie mir die Festschrift zum 150. Jubiläum hätten zusenden können.“ Aber das ist auch schon der einzige Wermutstropfen.
Quelle: Ausgabe Die Rheinpfalz - Ludwigshafener Rundschau - Nr. 193 - Datum Freitag, den 21. August 2015